Dr. Josef Schuster erhält Augsburger Friedenspreis 2025

Dr. Josef Schuster
Bildrechte Zentralrat der Juden

Eine unerlässliche Stimme für den interreligiösen Dialog und das friedliche gesellschaftliche Zusammenleben

Mit dem Augsburger Friedenspreis würdigen die Stadt Augsburg und die Evangelisch Lutherische Kirche in Bayern Dr. Josef Schuster, den Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, für seinen Einsatz für Verständigung, Toleranz und den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus.

Im Rahmen der Feierlichkeiten zum Augsburger Hohen Friedensfest am 8. August gab Oberbürgermeisterin Eva Weber bei der großen Friedenstafel auf dem Augsburger Rathausplatz den Preisträger bekannt.

Oberbürgermeisterin Eva Weber zur Preisverleihung

Dr. Josef Schuster engagiert sich seit Jahren gegen Rassismus und Antisemitismus. Kraft seines Amtes ist er Vertreter und Sprachrohr der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden und damit eine unerlässliche Stimme für den interreligiösen Dialog und das gesellschaftliche Zusammenleben. Sein Wirken trägt dazu bei, das jüdische Leben sichtbar zu machen und Brücken zwischen unterschiedlichen Perspektiven zu bauen. Das passt in besonderer Weise zu den Zielen dieses Preises. (Oberbürgermeisterin Eva Weber)

Der Augsburger Friedenspreis zeichnet Verdienste um tolerantes, friedliches Miteinander aus

Seit 1985 wir der Preis an Menschen verliehen, die sich die sich im Sinne der Gleichstellung von Konfessionen, Kulturen und Religionen um ein tolerantes und friedliches Miteinander verdient machen. „In diesem Geist ist auch die diesjährige Entscheidung getroffen worden“, so OB Eva Weber. Sie führt weiter aus: „Während es in der Augsburger Paritätsgeschichte vor 375 Jahren nicht gelungen ist, das Judentum gleichberechtigt neben Katholizismus und Protestantismus mit einzubeziehen, ist das jüdische Leben heute ein lebendiger und unverzichtbarer Teil unserer Stadt und unseres Landes. Mit der Auszeichnung schließen wir diese historische Lücke symbolisch. Gleichzeitig erleben wir aktuell, dass eben dieses jüdische Leben in Deutschland wieder verstärkt unter Druck gerät. Antisemitismus nimmt spürbar zu – im Digitalen und Analogen. Das erfüllt uns mit Sorge. Der Schutz dieses Lebens ist gerade vor dem Hintergrund der Shoa unsere bleibende Verantwortung. Daher ist es unsere Pflicht, jüdisches Leben nicht nur zu schützen, sondern aktiv zu fördern und sichtbar zu machen.“

Für Respekt und Menschenwürde, gegen Hass und Hetze

Dekan und Juryvorsitzender Frank Kreiselmeier unterstrich: „Dr. Schusters Wirken ist geprägt von einer tiefen Überzeugung, dass Frieden und Gerechtigkeit nur durch gegenseitigen Respekt und die Anerkennung der Würde jedes Einzelnen erreicht werden können. Fein, nuanciert und weise trennt er die verschiedenen Ebenen von Staatlichkeit und Religion und bleibt dabei ganz authentisch. Er hat unzählige Male seine Stimme gegen Hass und Hetze erhoben und sich aktiv für eine Erinnerungskultur eingesetzt, die Lehren aus der Vergangenheit zieht und zukünftige Generationen für die Gefahren von Intoleranz und einseitiger Berichterstattung sensibilisiert.“

Warnung vor Vorverurteilungen hier lebender Jüdinnen und Juden

Mit Blick auf die aktuelle politische Lage und den Krieg im Nahen Osten betont Oberbürgermeisterin Eva Weber:

Wir müssen deutlich unterscheiden zwischen der Politik des Staates Israel und den Jüdinnen und Juden, die in Deutschland leben.
Diese Unterscheidung ist für mich grundlegend. Die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen ist unermesslich, das Leid vor allem der Kinder unerträglich. Aber so groß dieses Leid auch ist – es darf nicht instrumentalisiert werden, um Hass gegen Jüdinnen und Juden hierzulande zu rechtfertigen. Sie tragen keine Verantwortung für die Politik der israelischen Regierung. Wer ihnen diese Verantwortung zuschreibt, öffnet Antisemitismus Tür und Tor. Deshalb ist es so wichtig, genau hinzusehen, zu differenzieren und jeder Form von Pauschalisierung oder Vorverurteilung entgegenzutreten.

Jurybegründung | Warum erhält Dr. Josef Schuster den Augsburger Friedenspreis 2025?

Juryvorsitzender Dekan Frank Kreiselmeier begründet die Verleihung des Augsburger Friedenspreises 2025 an Dr. Josef Schuster:

Das Hohe Friedensfest prägt Augsburg seit 1650, seit 375 Jahren. Der Gedanke dieses Friedens hat sich dabei tief im Stadtleben verankert. Im Zusammenleben vieler Menschen mit unterschiedlicher Herkunft, Konfession und Religion von Alteingesessenen und Neu-Augsburgern ist dieser Friede nicht nur Gedanke geblieben, sondern ist gelebter Friede in der Augsburger Stadtgesellschaft geworden - gegen Ausgrenzung und für gegenseitiges Kennenlernen, besseres Verstehen und füreinander Eintreten.

Im Programm zum Friedensfest ist in diesem Jahr prägnant formuliert: „Niemand soll mehr aufgrund seiner Religion oder Herkunft ausgeschlossen werden!“ Und solches Engagement, solchen Mut, für Frieden einzutreten, ehrt der Augsburger Friedenspreis.

Mit der Auszeichnung des Friedenspreisträgers möchte die Jury auch in diesem Jahr ein deutliches Zeichen setzen, dass dieses wertvolle Erbe weiterhin lebendig gehalten werden muss. Dazu gehört auch die Frage: 
Was ist der Beitrag der Religionen zum Frieden und wo setzen sich Menschen auch aufgrund ihres religiösen Hintergrundes für Frieden ein?

  • für Frieden zwischen Religionen
  • für Frieden in der Gesellschaft
  • für Frieden, der kulturelle und religiöse Vielfalt zulässt
  • für Frieden, der Anfeindung und Ausgrenzung entgegentritt und der dazu beiträgt, dass gesellschaftliche Konflikte konstruktiv gelöst werden

Die Jury für den Augsburger Friedenspreis hat sich für eine Person entschieden, die für diesen Frieden eintritt:
Der diesjährige Friedenspreisträger ist Dr. Josef Schuster.

Der Arzt Dr. Josef Schuster hat sich über Jahrzehnte hinweg unermüdlich für Verständigung, Toleranz und den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus eingesetzt. Als Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland hat er in einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher Spaltung und des Wiederauflebens extremistischer Ideologien eine klare und unmissverständliche Stimme für Menschlichkeit, respektvollen Umgang und ein friedliches Miteinander erhoben.

Sein Engagement reicht weit über die Belange der jüdischen Gemeinschaft hinaus, hinein in die gesamtgesellschaftlichen Diskussionen und an die Orte von Meinungsbildung. Er hat stets den Dialog mit anderen Religionsgemeinschaften – auch Muslimen, politischen Entscheidungsträgern und mit der Zivilgesellschaft gesucht, um Brücken zu bauen, Vorurteile abzubauen und Vertrauen zu schaffen. 

Dabei scheut er sich nicht, auch unbequeme Wahrheiten anzusprechen und mahnende Worte zu finden, wenn demokratische Werte und der gesellschaftliche Zusammenhalt in Gefahr geraten. Er hat betont, dass ein offener und engagierter Diskurs über Antisemitismus gesamtgesellschaftlich und auch in Gemeinschaften anderer Religionen notwendig ist. Aber er bedient dabei nie fremdenfeindliche oder antimuslimische Narrative.

Dr. Schusters Wirken ist geprägt von einer tiefen Überzeugung, dass Frieden und Gerechtigkeit nur durch gegenseitigen Respekt und die Anerkennung der Würde jedes Einzelnen erreicht werden können. Er hat unzählige Male seine Stimme gegen Hass und Hetze erhoben. Er hat sich aktiv für eine Erinnerungskultur eingesetzt, die Lehren aus der Vergangenheit zieht und zukünftige Generationen für die Gefahren von Intoleranz und einseitiger Berichterstattung sensibilisiert. Er tritt beharrlich für eine offene und vielfältige Gesellschaft ein, in der sich alle Menschen sicher und respektiert fühlen können.

Dr. Schuster nimmt diesen Preis, wie er selbst gesagt hat, als Verpflichtung an, weiter und noch stärker für diesen Frieden einzutreten. Sein unermüdlicher Einsatz für Frieden zwischen den Religionen und in der Gesellschaft, sein Eintreten für Verständigung in unserer Zeit macht Dr. Josef Schuster zu einem Vorbild und einer verdienten Persönlichkeit für die Verleihung des Augsburger Friedenspreises 2025 und zum 375. Geburtstag des Augsburger Friedensfestes.

Audiobotschaft und Lebenslauf von Dr. Josef Schuster
Dr. Josef Schuster: Die Verleihung des Augsburger
Friedenspreises ist vor mich eine außer-
ordentliche Ehre, aber auch große Verpflichtung.

 

Lebenslauf Dr. Josef Schuster

Dr. Josef Schuster engagiert sich seit langen Jahren im Zentralrat der Juden in Deutschland. Seit 2014 ist er dessen Vorsitzender. Zudem ist er Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg (seit 1998), Präsident des Landesverbands der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern (seit 2002) und Mitglied im Deutschen Ethikrat (seit 2020). Auch auf internationaler Ebene vertritt er die jüdische Gemeinschaft in Deutschland. Seit 2014 ist er sowohl Vizepräsident des World Jewish Congress als auch des European Jewish Congress. 

Josef Schuster wurde am 20. März 1954 in Haifa geboren und ist in Unterfranken aufgewachsen. Er studierte Medizin, arbeitete als Internist und fährt bis heute regelmäßig Einsätze als Notarzt. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Preisverleihung mit Laudator Dr. Norbert Lammert im November

Die Stadt Augsburg vergibt den Augsburger Friedenspreis seit 1985 im dreijährigen Rhythmus gemeinsam mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Aufgrund des 375jährigen Jubiläums des Hohen Friedensfestes wird der Friedenspreis heuer außerhalb der Reihe verliehen. Der mit 12.500 Euro dotierte Preis zeichnet Persönlichkeiten aus, die sich um ein tolerantes und friedvolles Miteinander der Kulturen und Religionen verdient gemacht haben.

Wer den Preis erhält, wird immer am 8. August, dem Tag des Augsburger Hohen Friedensfestes, verkündet. Die feierliche Preisverleihung findet jeweils im Herbst, heuer im November, statt. Die Laudatio übernimmt Dr. Norbert Lammert, ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages.

Bisherige Preisträgerinnen und Preisträger
  • 1985: Hermann Kunst, deutscher Militärbischof
  • 1988: Chiara Lubich, Rom, Gründerin der Fokolarbewegung
  • 1991: Nathan Peter Levinson, Landesrabbiner von Hamburg und Schleswig-Holstein
  • 1994: Richard von Weizsäcker, Altbundespräsident 1997: Alfons Nossol, Erzbischof in Oppeln/Polen
  • 2000: Sumaya Farhat-Naser, Friedensvermittlerin im Westjordanland
  • 2003: Helmut Hartmann, Gründer des Forums Interkulturelles Leben und Lernen (FILL)
  • 2005: Michail Gorbatschow, Friedensnobelpreisträger
  • 1990 und früherer Staatschef der Sowjetunion sowie Christian Führer, Pastor der Leipziger Nikolaikirche
  • 2008: Hassan bin Talal, Prinz von Jordanien und ehemaliger Präsident des Club of Rome
  • 2011: Papst Schenuda III. von Alexandrien, Oberhaupt der Koptischen Kirche
  • 2014: Lea Ackermann, Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika und Gründerin der international tätigen Organisation SOLWODI
  • 2017: Martin Junge, Pfarrer, Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB)
  • 2020: Erzbischof Reinhard Kardinal Marx (München/Freising) und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, EKD-Ratsvorsitzender
  • 2023: Katrin Eigendorf, Journalistin
Mitglieder der Friedenspreisjury 2025

Die Friedenspreisjury setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche, Politik und Gesellschaft.
Ihr gehören die folgenden Mitglieder an:

  • Dekan Frank Kreiselmeier, Evang.-Luth. Dekanat Augsburg (Vorsitz)
  • Eva Weber, Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg
  • Oberkirchenrat Stefan Blumtritt, Evang.-Luth. Kirche in Bayern
  • Prof. Dr. Bernd Oberdorfer, Universität Augsburg
  • Dr. Dr. Anton Losinger, Weihbischof Diözese Augsburg
  • Alexandra Caspari, Alt-Katholische Kirche
  • Prof. Dr. Kerstin Schlögl-Flierl, Universität Augsburg
  • Dr. Carmen Reichert, Leiterin Jüdisches Museum Schwaben
  • Dr. Herbert Veh, ehem. Landgerichtspräsident
  • Dr. Thomas Weckbach, Rechtsanwalt
Hintergrund zum Augsburger Hohen Friedensfest

Im Zuge des Dreißigjährigen Krieges wurde den Protestantinnen und Protestanten der Stadt Augsburg am 8. August 1629 die Ausübung ihres Glaubens untersagt. Erst im Westfälischen Frieden 1648 erlangten sie die Gleichstellung mit der Römisch-Katholischen Kirche, die bereits 1555 im Augsburger Religionsfrieden formuliert worden war. In Erinnerung an den Tag ihrer Unterdrückung feierten die Protestantinnen und Protestanten 1650 erstmals am 8. August das Augsburger Hohe Friedensfest, das seither an diesem Tag begangen wird. 1948 verankerte es der Bayerische Landtag in Art. 1 Abs. 2 Bayerisches Feiertagsgesetz als lokalen Feiertag im Stadtkreis Augsburg. Seitdem ist das Friedensfest ein in Deutschland einmaliger, gesetzlicher Feiertag.

Seit 2018 ist das Augsburger Hohe Friedensfest offiziell bayerisches Kulturerbe, Ende 2018 nahm es die UNESCO auch in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes auf. 2019 schließlich erhielt Augsburgs Feiertag den Heimatpreis Bayern für besondere Verdienste um Heimat, Kultur und Brauchtum. Gemeinsam Platz nehmen, essen und feiern.

Die Stadt Augsburg feiert das Hohe Friedenfest jedes Jahr mit einem vielfältigen kulturellen, stadtgesellschaftlichen Rahmenprogramm. Zu den Höhepunkten zählt dabei die große Friedenstafel auf dem Augsburger Rathausplatz. Sie findet in diesem Jahr zum 22. Mal statt. Alle Bürgerinnen und Bürger wie auch Gäste der Stadt sind eingeladen, Platz zu nehmen und mitgebrachte Speisen und Getränke miteinander zu teilen und auszutauschen. Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Religionen schicken dabei Friedensgrüße in die Welt. Zur Tradition des Friedensfestes gehört auch das Kinderfriedensfest, das im Anschluss im Botanischen Garten und im Augsburger Zoo gefeiert wird.